Nach den vielen Reisen zu Beginn des Jahres habe ich mir in den letzten Wochen nun etwas mehr Zeit genommen um das Leben in der Großstadt zu genießen. San José gefällt mir von Tag zu Tag besser und vor allem fühle ich mich in meiner Einsatzstelle sehr wohl und gehe gerne zur Arbeit. Nun folgt also eine Reihe von Ausschnitten aus den letzen zwei Monaten.

Am Ostersonntag, direkt nach meiner Reise nach Panama, wurde ich von meinem Chef in dessen Gemeinde zum Gottesdienst eingeladen. Ich habe viele nette Menschen kennengelernt und tolle Gespräche geführt. Direkt im Anschluss war ich von der Familie eines Freundes zum Mittagessen eingeladen und habe danach das erste mal Empanadas (Teiggebäck mit süßer oder herzhafter Füllung) selber gemacht.

Auf den gleichen Sonntag fiel auch noch die Stichwahl der beiden Top-Präsidentschaftskandidaten. Die Meinung der Ticos war stark gespalten. In den Tagen vor der Wahl und auch am Wahltag selbst fand man unzählige Menschen lautstark auf den Straßen wieder, die Fahnen ihrer Partei aus den Autos schwenkten, abwechselnd Rot-Gelb (Partido Acción Ciudadana) und Blau-Gelb (Partido Restauración Nacional). Wie man im folgenden Video gut sehen und noch besser hören kann: ein beeindruckendes Konzert der verschiedensten Autohupen und Farben. Nachdem das Wahlergebnis am Abend dann feststand wurde von den Anhängern der PAC der Sieg ihres Kandidaten Carlos Alvarado auf den Straßen San Josés ordentlich gefeiert. Als eine (für Lateinamerikanische Kultur typische) Trommelgruppe anfing am Rande der Massen zu spielen, bewegte sich die ganze Menge und begann zu tanzen. So kann man den Wahlsieg seines Favoriten natürlich auch feiern…

San José ist eine Stadt der Kunst und Kultur. Ausstellungen und Festivals locken das ganze Jahr über Menschen aus aller Welt in die Hauptstadt Costa Ricas.  Viele dieser Festivals finden im Studentenviertel „San Pedro“ statt, in dem auch ich wohne. Ein Beispiel ist das Festival Internacional de las Artes, dass Anfang April für viel Begeisterung sorgte. Folgend ein Ausschnitt von zweiten Konzerten die mir besonders gut gefallen haben: Förë Movimiento Afro – die Mitgleider kommen aus Latein- und Südamerika, der Rhythmus aus den tiefen Africas, und Gaby Moreno –  gebürtig aus Guatemala, Gewinnerin des Latino-Grammy als beste Newcomerin und eine herausragende Stimme! Auf der Bühne sang sie aber nicht nur alleine sondern holte sich außerdem Debi Nova aus Costa Rica und Marisoul aus den Vereinigten Staaten mit ins Boot. Die Kombination dieser 3 Stimmen war wirklich unglaublich und ein tolles Erlebnis. Aber auch die kleinere Kunst beeindruckt mich sehr. Täglich komme ich auf dem Weg zur Arbeit an Graffitis oder Installationen vorbei, an denen mein Blick hängen bleibt. Dieser Regenschirmhimmel und vieles mehr lassen die sonst recht graue Stadt erblühen.

Während der Regenzeit ist der Regenschirm genauso wichtig wie der Schlüssel wenn man das Haus verlässt

Als wir die Geschichte von Daniel in der Löwengrube behandelt haben, bastelten wir Löwengesichter

Bei Educación Plus gehört es zu meinen Aufgaben, für die Bibelklubs eine Bastelidee vorzubereiten und diese dann mit den Kindern zu realisieren. Manchmal mit 20 – manchmal mit 70 Kindern. Aber auch in der Fußballschule bin ich sehr aktiv und freue mich jede Woche wieder auf das Training. Zusammen mit meinem Kollegen leite ich das Training an und spiele als Verstärkung oft selbst mit. Auch einige Partien haben wir bisher bestritten, wenn auch mit weniger Erfolg. Aber gerade aus diesen Niederlagen lernen wir alle dazu und trainieren fleißig weiter.

Kopfbälle, Passspiel, Dribbeln… einige Kinder denken an nichts anderes, andere hören davon das erste mal

Sonnenuntergänge begleiten mich schon vom ersten Tag an durch mein ganzes Jahr. Ob in der Innenstadt von San José, am Pazifik oder von unserem Hof aus, die Sonne zaubert fast jeden Tag unglaubliche Farben in den Himmel. So gehe ich nach der Arbeit oft mit einem noch breiteren Lächeln nachhause.

Das letzte Bild war der Sonnenuntergang am vergangenen Sonntag. In der Costa Ricanischen Liga fand das Halbfinal-Rückspiel im Heimstadion von Deportiva Saprissa statt. Fast alle meiner Kollegen sind Fans diesen Vereins, sodass ich jetzt auch immer mitfiebere wenn gespielt wird, oder eben mit ins Stadion gehe. Gegen La Liga Alajuelense fand das heiß begehrte Clásico vor besonderer Kulisse statt. Unter den Fans wird das Estadio Ricardo Saprissa als „La Cueva“ (dt.: Die Höhle)  bezeichnet. Wenn Die Ultra-Fans des Vereins (übrigens mit den meisten Titeln in Costa Rica) ihre Gesänge anstimmen hört man diese tatsächlich wie durch eine Höhle hallend auch im großen Umkreis des Stadions. Auf Erdbeben ist man hier überall vorbereitet, aber das Stadion ist der einzige Ort an den sich Menschen freiwillig wenn nicht sogar bewusst begeben um diese Erfahrung zu machen. Denn wenn gut 5.000 motivierte Fans anfangen zu springen bewegt sich die Tribüne bis auf die Grundmauern. Sogar mit einem Seismographen wurde schon gemessen welcher Stärke die Bewegung des Blocks entsprechen würde. Gemessen wurde vor etwa 3 Jahren, bei annähernd gleichen Bedingungen wie am Sonntag, eine Stärke von knapp über 4 auf der Richterskala. So fühlt es sich tatsächlich auch an! Das Spiel ist letztendlich 1:1 Unentschieden ausgegangen. Das hat für Saprissa zum Glück gereicht um kommenden Sonntag um den Titel im Finale zu spielen.

Saprissa in Lila, La Liga in Weiß

Voll besetztes Stadion mit knapp 25.000 Zuschauern